Genussrechte: So können Unternehmen ihre eingeworbenen Gelder als Eigenkapital geltend machen

Genussrechte, wie sie bei einer Tokenisierung verbrieft werden, können Unternehmen unter gewissen Voraussetzungen als Eigenkapital geltend machen. Damit stärken sie die Unternehmensbilanz und werden gegebenenfalls steuerlich abzugsfähig. Welche diese Bedingungen sind, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Disclaimer: Die hier dargestellten Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und mehrfach geprüft. Dennoch können sie keine Beratung durch einen Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater ersetzen. 

Genussrechte werden im für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater relevanten Beck’schen Bilanzkommentar [lINK] als „Gläubigerrechte schuldrechtlicher Art“ definiert. Sie können Gläubiger je nach Ausgestaltung an einem Anteil am Reingewinn oder am Liquidationserlös eines Unternehmens (Emittenten) berechtigen. Hier können jedoch rechtliche Details auftreten, die nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich sind. Daher gilt: Wenn Unternehmen die Ausgestaltung von Genussrechten erwägen, sollten sie immer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in ihre Überlegungen einbeziehen.

Inhaber von Genussrechten haben in der Regel weder Stimm- noch Mitgliedschaftsrechte, wie es etwa bei Aktien der Fall ist. Der Anspruch ist ausschließlich schuldrechtlich, es handelt sich bei Genussrechten um Verbindlichkeiten. 

Da der Begriff gesetzlich nicht genau definiert ist, kann man Genussrechte, wie sie auch bei der Tokenisierung [Link] oftmals Produktbestandteil sind, unterschiedlich ausgestalten. 

Je nach Ausgestaltung kommen schließlich folgende Einstufungen der verbrieften beziehungsweise tokenisierten Genussrechte in Frage. Sie können als

  • Eigenkapital
  • Fremdkapital oder als
  • Ertrag

geltend gemacht werden. 

Die Ausgestaltung zieht eine unterschiedliche steuerliche Behandlung nach sich. Während die Einstufung als Eigenkapital und Fremdkapital steuerfrei ist, fallen bei der Einstufung als Ertrag Steuern an. 

Auch in der Bilanzierung im Jahresabschluss macht die Einstufung einen Unterschied. So können sie entweder als abziehbare oder als nicht abziehbare Betriebsausgaben der Emittenten gelten. Werden die Genussrechte als Eigenkapital bilanziert, sind sie steuerlich abzugsfähig.  

Voraussetzungen für die Bilanzierung als Eigenkapital

Grundlage der Bilanzierung von Genussrechten im Jahresabschluss bei Kapitalgesellschaften sind das IDW-Fachgutachten und die Stellungnahme HFA 1/1994. 

Daraus geht hervor, dass für eine mögliche Qualifikation von Genussrechten als bilanzielles Eigenkapital vier Kriterien erfüllt sein müssen:

  1. Nachrangigkeit
  2. Erfolgsabhängigkeit der Vergütung
  3. Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe sowie
  4. Langfristigkeit der Kapitalüberlassung

Die Nachrangigkeit bezieht sich auf einen Rückzahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers im Insolvenz- oder Liquidationsfall. Dieser gilt nur dann als nachrangig, wenn er erst nach der Befriedigung aller anderen Gläubiger geltend gemacht wird. 

Die Vergütung für die Kapitalüberlassung darf außerdem nur aus Eigenkapital-Bestandteilen bestehen, die nicht besonders gegen Ausschüttungen geschützt sind. Dann gelten sie als erfolgsabhängig.

Für die Verlustteilnahme gilt, dass das Genussrechtskapital an Bilanzverlusten nach Aufzehrung von Rücklagen im selben Maß wie das gezeichnete Kapital teilnimmt.

Bezüglich der Langfristigkeit gilt eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren mit einer zweijährigen Kündigungsfrist als marktgängig. Längere Laufzeiten sind natürlich möglich. 

Damit Genussrechtskapital also bei der Emission Eigenkapitalqualität aufweisen kann, muss im Genussrechtsvertrag unter anderem festgelegt werden, dass das Genussrechtskapital eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren aufweist. 

Wenn ein Kündigungsrecht vereinbart wird, muss man ferner sicherstellen, dass das Genussrechtskapital frühestens unter Beachtung einer zweijährigen Kündigungsfrist zurückgezahlt wird. Dabei spielt es keine Rolle, wem das vertragliche Kündigungsrecht zusteht. 

Wann gilt das Genussrechtskapital als Eigenkapital?

Wie man der 13. Auflage 2022 des Beck’schen Bilanz-Kommentar weiter entnehmen kann, ist Genussrechtskapital immer dann als Eigenkapital einzustufen, wenn der Genussrechtsinhaber im Wege des Forderungsverzichts nach Paragraph 397 BGB verzichtet. Dort heißt es:

“Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 397 Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis. (1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. (2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.”

Dies gilt nur, wenn die bereits genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Ferner entnimmt man dem Kommentar, dass bei der Ausgabe des Genussrechts kein Rückzahlungsanspruch bestehen darf und der Genussrechtsinhaber ausdrücklich einen ertragswirksamen Zuschuss leisten wollen muss, um diesen erfolgswirksam zu vereinnahmen. 

Falls die Bedingungen Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe und die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung auf der einen und/oder eine erfolgswirksame Erfassung auf der anderen Seite nicht gegeben sind, gilt das Genussrecht als Fremdkapital. 

Steuerliche Abzugsfähigkeit

Die Vergütungen an den Genussrechtsinhaber sind, sofern sie als Eigenkapital gültig gemacht werden, steuerlich abzugsfähig. Denn steuerrechtlich gelten Genussrechte als Betriebsausgaben. 

Die steuerliche Abzugsfähigkeit ist jedoch nur gegeben, wenn die Genussrechtsinhaber nicht am Gewinn und am Liquidationserlös beteiligt werden. Sie gilt nur, wenn lediglich einer der beiden Tatbestände erfüllt ist. Das gilt vor allem, wenn der Genussrechtsinhaber ausschließlich am Gewinn beteiligt ist. Um die Verbuchung von Genussrechten als Eigenkapital steuerlich geltend machen zu können, ist es dahingehend sinnvoll, Genussrechtsinhaber nicht am Liquidationserlös zu beteiligen.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass das Merkmal der Gewinnbeteiligung mit dem Kriterium der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung nicht vollständig übereinstimmen muss, um bilanzielles Eigenkapital annehmen zu können. 

Das bedeutet, dass die Vereinbarung einer Mindestverzinsung zwar die Annahme von bilanziellem Eigenkapital ausschließen kann. Für das steuerrechtliche Tatbestandsmerkmal der Gewinnbeteiligung muss das im selben Fall jedoch nicht gelten. 

Fazit

Wie man dem Beck’schen Bilanzkommentar entnehmen kann, ist es unter gegebenen Umständen möglich, Genussrechte als Eigenkapital geltend zu machen. Dafür müssen die Kriterien der Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe und die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung erfüllt sein. 

Das kann steuerliche Vorteile mit sich bringen. Denn sobald Genussrechte als Eigenkapital geltend gemacht werden, sind sie steuerlich abzugsfähig. Steuerrechtlich gelten sie dann als Betriebsausgaben. 

Es kann also lohnend sein, die Möglichkeit der Bilanzierung als Eigenkapital prüfen zu lassen. Um die Genussrechte bereits im Vorfeld entsprechend zu gestalten, empfiehlt es sich dringend, bereits bei der Ausgestaltung einen Steuerberater beziehungsweise Wirtschaftsprüfer hinzuzuziehen.

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